Das Sandsteinbecken zum Schloss Sachsenhagen

Abb.: Das Sandsteinbecken aufgestellt in 2012 auf der ehemaligen Bleichwiese am Schloss

Das Sandsteinbecken ist ein Zierbrunnen des Schlosses Sachsenhagen.

Da bisher keine schriftlichen Aufzeichnungen bekannt waren, sind unterschiedliche Vermutungen angestellt worden, um die Herkunft zu erklären. Aufgrund der Form wurde die Verwendung als Taufstein genannt. Dies ist wegen der Größe und Höhe doch sehr unglaubwürdig, zumal Taufsteine in Kirchen stehen, und der Täufling über 2m hochgehoben werden müsste, denn am Orginalstandort im Schlosshof war die Oberfläche des Sandsteinbeckens über 2m hoch. Die andere Erklärung war die Verwendung als Pferdetränke. Dies wurde vermutet, weil das Becken aus zwei Halbschalen besteht. Diese sollten an eine Wand befestigt sein. Doch warum wurde dann der mehreckige Sockel gebraucht, zumal keine Spuren einer Wandbefestigung erkennbar sind? Vermutlich war die misslungene Maßanfertigung ein kleiner handwerklicher Fehler.

Das Sandsteinbecken ließ Graf Ernst um 1600 beim Ausbau seiner Residenz als Zierbrunnen im Schlosshof aufstellen. Graf Ernst trat nach dem Tod seines Bruders Graf Adolf die Herrschaft über Schaumburg an und zog nach Stadthagen. Das Schloss Sachsenhagen verfiel und der Zierbrunnen fristete ein einsames Dasein im Schlosshof, der mittlerweile in Kleingärten umgestaltet wurde. Nach dem 2. Weltkrieg erinnerten sich die Sachsenhäger an dem Kleinod. Sie hatten eine öffentliche Fläche an der Oberen Straße erworben und verzierten diese mit dem Brunnen. Der Platz wurde in 2009 an Privat verkauft und das Becken musste dort weichen. Auf Initiative des Heimatvereins Sachsenhagen wurde von der Stadt Sachsenhagen das Grundstück vor dem Schlossturm erworben und dort in 2012 der Brunnen als zentrales Element wieder aufgestellt.

Abb.: Das Sandsteinbecken auf dem Bild rechts unten, auf dem ursprünglichen Standort im ehemaligen Hof des Schlosses im sogenannten Lustgärtlein. Links das Amthaus, rechts der Schlossturm. Aufnahme um ca. 1905

Das Sandsteinbecken wird in dem Buch „Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel“ Band III. Kreis Grafschaft Schaumburg; Bearbeitet von Heinrich Siebern und Dr. H. Brunner. Marburg N.G. Elwertsche Verlagsbuchhandlung, 1907. Stadtbibliothek Hannover NDS 1577 1; Seite 101-103  mit 6 Tafeln/Abbildungen wie folgt erwähnt:

Sandsteinbecken

Das im Hofe aufgestellte Sandsteinbecken zeigt zwei verschieden behandelte Hälften, die allem Anscheine nach erst später in dieser Weise vereinigt, früher gesondert vor einer Rückwand angebracht gewesen sind. Die Seitenflächen sind mit Kartuschen und Engelsköpfen verziert; am oberen Rand die Inschriften:

„VON GOTTES GNADEN ERNST GRAF ZV HOLSTEIN SCHOWENBVRO STERNEBERCK HERR ZV GEHMEN + C“  „IOH 4 FELIX QVI SACROS FONTES ET NVMINA VITAE ‑ VNDE NEC VLLA FAMES NEC SITIS VLLA BIBIT“.

Übersetzung:

„Von Gottes Gnaden Ernst Graf zu Holstein Schaumburg Sternebeck Herr zu Gehmen und C“ und „Glücklich ist, wer aus den heiligen Quellen und von dem Göttlichen des Lebens getrunken hat – und daher keinen Hunger und keinen Durst verspürt“

Nach sinngemäßer Übersetzung von Pfarrer Josef Kalkusch aus Sachsenhagen: „Glücklich ist, der die heiligen Quellen und das Göttliche des Lebens in sich aufnimmt, er wird nicht hungern und dürsten“

Dies ist ein deutlicher Hinweis auf die Geschichte der Begegnung Jesu mit der Samaritanerin am Jakobsbrunnen, aufgezeichnet im 4. Kapitel des Johannes-Evangeliums. Bei dieser Begegnung kommt es zu einem Gespräch über Glauben und Leben. In Vers 14 sagt Jesus dann: „Wer von dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt“ gemäß der Luther-Übersetzung.

Der Hinweis auf die Szene am Jakobsbrunnen lässt darauf schließen, dass das Becken mit der Taufe in Verbindung zu bringen ist. Das lebendige Wasser des Lebens wird im Christentum von alters her als Wasser der Taufe gedeutet (vgl. auch Weihwasserbecken). Vermutlich ist das Becken mit der Schlosskapelle in unmittelbarer Nähe in Verbindung zu bringen. Auch die Verzierung mit Engelsköpfen lässt auf eine religiöse Bedeutung schließen. Das Becken hat die Form eines Achtecks. Dies symbolisiert den achten Schöpfungstag, also die mit der Auferstehung Jesu beginnende neue Schöpfung, in die der Mensch durch die Taufe hineingenommen wird.

Da die Inschrift Graf Ernst erwähnt, ist davon auszugehen, dass das Sandsteinbecken von ihm angeschafft wurde als er in 1596 -1601 die Burg Sachsenhagen als seine Residenz ausbaut und mit seiner Frau Hedwig, die Tochter des Landgrafen Wilhelm des Weisen von Hessen bezieht. (Hochzeit am 11. September 1597)

Auffällig ist die nicht exakt zusammenpassende Form der zwei Halbschalen, dies könnte ein handwerklicher Fehler sein.

In Marburg (www.staatsarchiv-marburg.hessen.de) ist unter der Rubrik: „Geheimer Rat, Nr. 8937 Haus Sachsenhagen mit Beschreibung und Abrissen 1678“ ein Grundriss der Schlossanlage aus dem Jahre 1677 aufgefunden worden.

Abb.: Grundriss mit Standort „F“ des Sandsteinbeckens mitten im Hof des ehemaligen Schlossareals

Das dem Plan beiliegende Schriftstück aus 1678 ist eine Aufnahme und ein Gutachten zu den Gebäuden des Schlossareals zwecks möglicher Überlegungen zum Verkauf oder Reparatur durch das Fürstenhaus. Unter anderem wird in diesem Gutachten von einem Lustgarten mit Gartenhäuschen und Brunnen gesprochen:

Abb.: Originalauszug aus dem Gutachten von 1678. Übersetzung: Ist ein Lustgärtlein mit einer Mauer umgeben, in deßen Mitte ein ansehnlich Lußthäußlein , mit einem großen Dach. Ist ein feiner zierlich gehauener steinerner Brunnen. Der wohl eine Zeitlang nicht in gange geweßen, doch aber will daß andermaßen im Schloßplatz in der Mitte stehet
Abb.: In der Karte des Amtes Sachsenhagen von 1714 ist das Schlossareal mit dem eingezeichneten Sandsteinbecken zu sehen. Siehe Gebilde unterhalb (südwestlich) des skizzierten Schlossturmes. Quelle: Der Historische Atlas Schaumburger Land 2008, erhältlich beim Landkreis Schaumburg oder LGLN Katasteramt Rinteln
Abb.: Das Sandsteinbecken in einer Aufnahme von ca 1938 mit links Frau Ernestine Wilde geb. Schönitz aus Liegnitz/Schlesien (Grossmutter von Kaufmann Peter Stünkel, mütterlicherseits) und Rosemarie Reith (Kusine). Im Hintergrund der Schlossturm von Südwest aus gesehen.

Standorte des Sandsteinbeckens:

Abb.: Das Sandsteinbecken ab Ende der 40-ziger Jahre bis 2010 in der Oberen Straße gegenüber der alten Schule.

Das hintere Schlossareal (südwestlich vom Amtshaus und Turm) wurde in den 50-ziger Jahren in Einzelparzellen von der Stadt Sachsenhagen an Privat verkauft, die dort Gärten einrichteten, die heute noch teilweise bewirtschaftet werden. Deshalb musste das Becken dort weichen und es wurde ein neuer Standort auf städtischem Grund gesucht.

In dem ehemals in der Oberen Straße stehendem Haus (alte Haus Nr. 2) wohnte bis 1942 zuletzt die jüdische Fam. Herzberg die ins KZ deportiert wurde. Das baufällige Haus fiel an die Stadt Sachsenhagen und wurde 1944 durch die Stadt abgerissen und dort wurde eine städtische Grünanlage geschaffen, in dessen Mitte das Sandsteinbecken errichtet wurde. So war am Schlossareal Platz für weitere Gartenfläche geschaffen worden. Im Jahr 2009 wurde das städtische Grundstück an privat verkauft und das Becken musste dort wieder entfernt werden.

Das Becken wird laut Ratsbeschluss im Jahr 2010 in der Mitte der dem Schlossturm vorgelagerten neu gestalteten Grünfläche (ehemalige Bleichwiese) wieder aufgestellt. In 2011 wird dazu ein etwa zehn mal zehn Meter messender, gepflasterter Platz geschaffen zu dem zwei geschwungenen Wege führen. Das Becken ist mit Bodenstrahler illuminiert

Abb.: Lagepunkte „alt und neu“ zum Sandsteinbecken. (Luftaufnahme aus Google Earth)
Abb.: Das Sandsteinbecken am neuen Standort im Jahr 2012, Sicht nach Norden
Abb.: Das Sandsteinbecken am neuen Standort im Jahr 2012, Westsicht
Abb.: Das Sandsteinbecken im Schlosswiesenpark als zentrales Element
Abb.: Plan zur Renovierung der „Schlosswiese“ im Jahr 2012

Das Sandsteinbecken wird am 19. April 2012 in der Mitte der neu gestalteten Grünfläche wieder aufgestellt. Es wurde dazu ein etwa zehn mal zehn Meter messender, gepflasterter Platz geschaffen, zu dem zwei geschwungene Wege führen. Die Einweihung fand am 19. 07. 2012 statt. Ein Sockelteil wird als Tisch in der benachbarten Sport- und Freizeitfläche genutzt.

Abb.: Am 7.6.2012 erläutert der Schaumburger Landschaft – Kommunalarchäologe Dr. Jens Bertholt  das Sandsteinbecken und die Bodenfunde bei den baubegleitenden Untersuchungen bei der Umgestaltung der Schlosswiese. Siehe: Schaumburger Landschaft –Kommunalarchäologie, Abschlussbericht zu den baubegleitenden Untersuchungen bei der Umgestaltung der Schlosswiese an Schloss Sachsenhagen von Dr. Jens Berthold.

Am 13. Mai 2017 startet zum ersten Mal das „Brunnenfest“ am Sachsenhäger Schloss auf der Schlosswiese. Der Initiator des Festes, Lukas Drüen, der im benachbarten Zeughaus wohnt und die Patenschaft über den Sandsteinbrunnen übernommen hatte, veranstaltete mit den Vereinen aus Sachsenhagen ein Bürgerfest.

Abb.: Das „Brunnenfest“ am Sachsenhäger Schloss auf der Schlosswiese